"Der LUGANA - KILLER." - Captain Cork

"Der LUGANA - KILLER." - Captain Cork
Zum vollständigen Newsletter -> Hier

VINOLetter

13.6.2022 | Lesezeit: 3 Minuten

Was steht in diesem Newsletter?
  1. Zunächst ein Lebenszeichen des Captain, der schon viele Tage keinen Newsletter mehr rausgeschickt hat. Aber keine Sorge: Er sammelte Stoff für viele weitere Aussendungen.
  2. Abendwein für kleines Geld, der mit viel Saft und eleganten Bitternoten besticht. Einziger Nachteil für Kopftrinker: Seine Rebsorte wird nicht verraten. So will es der Winzer, weil er glaubt, dass zu viel Information den Genuss verhagelt. Da ist was dran.
  3. Die Italiener machen es (wie so oft) besser. Mit Emozione. Der Captain war eine Woche lang in der Toskana und hat Weine probiert. Leider auch viele schlechte. Der Vorteil dabei: So lernt man gut gemachte Weine zu schätzen.
Winzer Lukas Schmidt

O du mein holder Abendwein!

Der Captain ist zurück in Berlin. Drei Wochen lang war er unterwegs. Zuerst in Wien (Weinmesse VieVinum), dann in den steirischen Anbaugebieten, dann in Kärnten, wo es inzwischen auch ein paar Winzer gibt, und schließlich in der Toskana. Dort besuchte der Captain zwei Winzer, die nicht unterschiedlicher sein könnten:

  1. Marchese Franceso Mazzei aus italienischem Uradel, der den Captain zu einer Siepi-Vertikalen einlud und selbst einschenkte. Wie kam es dazu? In derselben Woche fand in Berlin ein Siepi-Tasting statt, an dem der Captain nicht teilnehmen konnte, weil der ja in der Toskana rumgurkte. Als die Mazzei das erfuhren, luden sie ihm einfach nach Hause ein. Der Siepi ist ein sogenannter Supertoskaner aus 50% Sangiovese und 50% Merlot. Er bietet ein hinreißendes Aromenspektrum und gehört zu den wichtigsten Weinen Italiens. 
  2. Michael Schmelzer, Winzer im Chianti Classico mit 25 Hektar Rebland im Herzen der Toskana. Michael, der einen deutschen Vater und eine US-amerikanische Mutter hat, wuchs in Wiesbaden auf, studierte Wirtschaft und kam über Studentenjobs in diversen Restaurants zum Wein. 2006 las er seinen ersten Jahrgang im eigenen Weingut. Wie kamen der Captain und Michael zusammen? Ganz einfach. Immer, wenn der Captain in einem Anbaugebiet ankommt, besorgt er sich im besten Weinladen eine Kiste diverser Weine und trinkt darauf los. In Florenz heißt die erste Adresse Enoteca Alessi, wo Antonella (Bild unten) arbeitet, auf deren Geschmack der Captain vertraut. Sie steckte dem Captain (unter anderem) eine Flasche Monte Bernardi Chianti Classico Riserva 2018 für ca. 20 Euro in die Schachtel. Als der Captain diesen Wein im Mund hatte, war er völlig von den Socken. So viel klarfruchtige Schönheit, elegante Würze und grandiosen Trinkfluss! Er schrieb dem Winzer eine E-Mail und stand drei Tage später zwischen den Rebstöcken, wo ihm Michael genau erklärte, wie man mit Sangiovese umgehen muss, damit so ein Getränk daraus wird. 

Über beide Männer und ihre Weine wird der Captain berichten.

Jetzt aber zum Abendwein, einem Vertreter der beliebten Unter-10-Euro-Kategorie, der von einem gewissen Lukas Schmidt in Mittelfranken zubereitet wurde.

Das Besondere daran: Lukas verrät nicht, welche Rebsorte in seinem  Sneak Preview Second Flight 2021 steckt. Nur so viel: "Das ist keine Cuvée!"

Ein ungewöhnlicher Weg, seinen Wein zu bewerben, der sowieso schon einen merkwürdigen Namen hat.

Aber Lukas hält nichts von ausufernden Belehrungen auf Weinetiketten. "Wenn ich Weintrinker frage, was schmeckt dir, dann bekomme ich meistens diese Antwort: Ich kenne mich nicht aus. Die Angst, einen Wein nicht zu verstehen, ist enorm. Dabei soll Wein doch einfach nur Spaß machen..."

Mit solchen Worten erzielt man beim Captain SEHR große Ohren. Er denkt nämlich ähnlich. Dann sagt Lukas noch: "Die deutsche Weinwelt ist viel zu verkopft. Man verlangt vom Konsumenten zu viel." 

Lukas lernte das Weinmachen in der Steiermark und in Südtirol. "Dort hat man das Weinmarketing besser drauf."

Sein Sneak Preview (so nennt man eigentlich eine unangekündigte Filmvorführung) ist ein saftiger und gut gemachter Wein aus fränkischer Handarbeit, der auf der Zunge überzeugt und nicht auf dem Flaschenetikett. Lukas sagt: "Das ist die beste Alternative zu Lugana." 

Wer sich ein bisschen mit Wein auskennt, weiß: Lugana aus der Gardasee-Region steht für unkomplizierten und saftigen Weißweingenuss. Jedenfalls theoretisch, denn die Getränke, die unter dieser Bezeichnung in der deutschen Gastronomie ausgeschenkt werden, sind zwar unkompliziert, aber zum großen Teil kein Genuss. Dieser Abendwein ist anders, nämlich ein sinnliches und Freude spendendes Trinkerlebnis.

Wein-Empfehlung: Sneak Preview Second Flight von Lukas Schmidt
€ 800
INFO + KAUF

Geheimnisvoller Frankenwein nach Bio-Prinzipien, dessen Trauben aus der riesigen Einzellage Bullenheimer Paradies (65 Hektar) im Morgengrauen von Hand gelesen, über Nacht gekühlt liegengelassen und danach abgebeert, sortiert und erst am dritten Tag gepresst wurden, damit viel Aromen aus den mürben Schalen austreten. Danach spontane Vergärung. Im Glas satt leuchtendes Strohgelb. In der Nase Apfelkompott mit ganzen Stücken und Zitronenzesten. Im Mund irre stoffig, straff und zugleich cremig. Am Gaumen Orange, Pomelo, Mandarine - das ist eine schöne Mischung. Dann frische Bitternoten von Rhabarber und minimal-süßliches Aprikosenmark. Eindeutig Weißburgunder, denkt der Captain, aber der Winzer sagt: Blödsinn! Für diesen Preis eine Riesendosis guter Speise-Wein, den man getrost bunkern kann, denn so einen kann man immer brauchen.


Älterer Post Neuerer Post